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Netzbetreiber behindern Stromanbieterwechsel

Peter Reese, der Leiter der Energiewirtschaft von „Verivox“, hat die Zusammenfassung einer Befragung von Stromendverbrauchern bekannt gegeben. Demnach kommt es noch immer zu massiven Behinderungen der Verbraucher, wenn diese versuchen ihren Stromanbieter zu wechseln. Reese: „Die Umfrage zeigt leider deutlich, dass zu viele Netzbetreiber nicht neutral handeln. Das hemmt den Wettbewerb und führt zu höheren Kosten für die Verbraucher.“ Für die Stromleitungen ist der Verteilnetzbetreiber verantwortlich. Wenn ein Kunde zu einem anderen Anbieter wechseln möchte, muss der neue Stromanbieter den Kunden beim zuständigen Verteilnetzbetreiber anmelden. Zwar gibt es standardisierte Vorgaben von der Bundesnetzagentur darüber, wie die Kommunikation zwischen beiden Konkurrenten abzulaufen hat, doch die aktuellen Gesetze lassen noch genug Interpretationsspielraum, den die Netzbetreiber ausnutzen. Das führt dann für die Kunden zu Behinderungen, wenn zum Beispiel gesetzte Fristen oft nicht eingehalten werden. Von 44 befragten Stromanbietern haben 22 Prozent moniert, dass sich die Netzbetreiber nicht an Termine halten. 14 Prozent von ihnen beklagten, dass Umstellungen einfach ohne ausreichende Begründung abgelehnt würden. „Es ist ein Skandal, dass 12 Jahre nach Einführung des Wettbewerbs immer noch viele Anbieter den freien Wettbewerb auf der Verteilernetzebene behindern. Wer unverfälschten und funktionierenden Wettbewerb will, muss dafür sorgen, dass die Wettbewerber tatsächlich diskriminierungsfrei die Verteilernetze nutzen können. Die aktuelle Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) ist die einmalige Chance, dieses Problem endlich abzustellen“, fasst Peter Reese zusammen.

Ministertreffen zu Energiepolitik

Die Bundesregierung hat eine Art „Machbarkeitsstudie“ in Auftrag gegeben. Damit will sie die Möglichkeit prüfen, das bereits vorhandene Bahnnetz für die Verteilung von, aus erneuerbarer Energie erzeugtem, Strom zu nutzen. Dies würde das bisher vorhandene Stromnetz schnell und kostengünstig ergänzen können. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hält diese Variante für ein bisher ungenutztes Potential. Um über diese und andere mögliche Alternativen zu beraten, trafen sich in der vergangenen Woche der Umweltminister Norbert Röttgen, der Verkehrsminister Peter Ramsauer und die Umweltminister der Länder in Berlin. Röttgen betonte bei diesem Treffen den Wunsch zur Kooperation: „Wir wollen eine alte Kampf- und Streitfrage zum Konsens führen. Wir wollen Kooperationen zwischen Ländern und Bund, keine Kompetenzveränderungen. Das erste Mal zieht etwas ganz, ganz Großes heran wie ein Energiekompromiss.“ Bisher hatten sich die Länderregierungen geweigert, ihre Entscheidungsbefugnisse im Energiebereich, einschließlich des Ausbaus der Stromnetze, an den Bund zu übertragen. Auch die Gebäudesanierung als Teil der notwendigen Energieeinsparungen für den Klimaschutz, wurde bei dem Ministertreffen angesprochen. Doch obwohl alle Beteiligten beteuerten, der Klimaschutz wäre ein „gemeinsames Anliegen“, konnten sich die Minister nicht auf eine gemeinsame Strategie einigen. Entscheidend dafür werden die vom Bund garantierten finanziellen Zuschüsse sein, über die jedoch erst nach der nächsten Steuerschätzung beraten werden kann.

Plan für Netzausbau steht

Die Bundesnetzagentur erarbeitet einen auf zehn Jahre angelegten Plan, der als Grundlage des Netz-Ausbaugesetzes dienen soll. Damit reagiert der Präsident der Netzagentur, Matthias Kurth, auf das von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) angestrebte Netzausbaubeschleunigungsgesetz. Im Zehn-Jahres-Plan sollen die wichtigsten neuen Strecken anhand des energiewirtschaftlichen Bedarfs festgelegt werden. Dadurch können die einzelnen regionalen Planungsverfahren beschleunigt werden. Matthias Kurth denkt; „dass wir mit unserer Arbeit schon im Juni starten können, dann will ja die Bundesregierung ihre neue Energie-Strategie auf den Weg gebracht haben“. Die Behörde geht davon aus, dass der geplante Netzausbau recht zügig voran getrieben werden kann. Kurth: „Wir müssen vor allem mehr Strom von Norden nach Süden transportieren können“. Auch Matthias Kurth geht davon aus, dass durch den Ausbau der Stromnetze eine Erhöhung der Stromkosten unumgänglich ist. Bisher fließen lediglich 2,5 Prozent des Strompreises in den Netzausbau. Agenturpräsident Kurth hält eine solche Preisanpassung allerdings für verträglich: „Selbst eine deutliche Steigerung bei den Investitionen hätte verkraftbare Auswirkungen, zumal die Kosten für den Bau über viele Jahre Stück für Stück in den Strompreis einfließen.“

Regierungsbehörden ohne Ökostrom

Trotz aller Bemühungen und Werbemaßnahmen der Regierung, für den Ausbau der erneuerbaren Energien, gehen die Regierungsbehörden selbst nicht gerade mit gutem Beispiel voran. Wie die „Saarbrücker Zeitung“ nach eigenen Recherchen jetzt berichtete, nutzen die meisten staatlichen Behörden hauptsächlich konventionelle Stromanbieter – und natürlich Strom aus Kernkraft. Das gilt nicht nur für die meisten Landesministerien, sondern auch für den Berliner Landtag und das Bundeskanzleramt. Dies musste die Regierung auf eine Anfrage der Grünen hin zugeben. Vorbildliche Ausnahmen sind lediglich das Umweltministerium in Bonn und einzelne Gebäude des Verkehrsministeriums in Berlin. Diese decken ihren gesamten Strombedarf mit Ökostrom. Grünen-Vizefraktionschefin Bärbel Höhn kritisierte, dass die amtierende Regierung damit ihrer Vorbildfunktion nicht nachkommt. Bärbel Höhn: „Selbst die eigenen Ziele werden nicht umgesetzt“. Verständlich, dass viele Unternehmen, die von Regierungsvertretern auf eine Umstellung der Stromquellen angesprochen werden, diese Forderungen nicht ganz ernst nehmen.

RWE prophezeit Stromunterversorgung

Wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erklärte, wird seit der Abschaltung der sieben ältesten Atomkraftwerke, doppelt so viel Strom aus Frankreich importiert, wie bisher. RWE-Manager Fritz Vahrenholt „warnte“ vor einem „Blackout“ im Süden Deutschlands. Er wies darauf hin, dass bei einem fehlenden zügigen Ausbau der erneuerbarer Energieerzeugung, „eine solche extreme Unterversorgung“ zu befürchten wäre,“dass zur Vermeidung eines Blackouts Industriebetriebe und vielleicht sogar ganze Städte abgeschaltet werden müssen“. Auch die BDEW-Vorsitzende Hildegard Müller sprach sich dafür aus, die still gelegten Kraftwerke zeitnah wieder ans Stromnetz anzuschließen, um Kosten zu sparen. Müller: „Die Stromflüsse aus Frankreich und Tschechien haben sich verdoppelt“. Das bedeutet natürlich nicht, dass nicht mehr genügend Strom für den Bedarf der Deutschen vorhanden wäre. Es bedeutet lediglich, dass der Gewinn der deutschen Energieversorger vermindert würde. Auch ist der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung nicht zwingend die Aufgabe des Staates, es sei denn, die Kraftwerke blieben dann auch in seinem Besitz. Das jedoch ist nicht das angestrebte Ziel der Kläger von RWE und anderer Energiekonzerne. Ihre Interessen liegen lediglich in der Optimierung der Gewinnspanne. Das ist durchaus legitim für ein Privatunternehmen, sollte jedoch für die politische Entscheidung für oder gegen Atomkraft keine Rolle spielen.