Regierung plant Strombremse durch Senkung der Fördergelder

Noch vor der kommenden Bundestagswahl, im Herbst dieses Jahres, will die amtierende Regierung, im Sinne der Verbraucher, den Anstieg der Strompreise deckeln. Geplant sind mehrere Maßnahmen, die als „Strompreisbremse“ wirken sollen. Unter anderem plant Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) Die Streichung von Zuschüssen für Anlagen, deren Stromproduktion nicht ins allgemeine Stromnetz eingespeist wird, sondern nur der Selbstversorgung dient. Auch die bisher gezahlte Vergütung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern, wie Windkraft- oder Solaranlagen, soll nur noch ausgezahlt werden, wenn der an das Stromnetz abgegebene Überschuss auch benötigt wird. Gerade bei Lichtunabhängigen Windkraftanlagen, die auch Nachts, wenn weniger Energie benötigt wird, die selbe Strommenge produzieren wie am Tag, wird dies vermutlich finanziell schwer ins Gewicht fallen. Der Bau neuer Anlagen würde mit einer solchen Reduzierung der Vergütung fast zum Erliegen kommen, wie ein Sprecher der Grünen kritisiert. Trotzdem ist sich die Regierungskoalition einig, dass eine Entlastung der Verbraucher, auch auf Kosten der geplanten Energiewende, unumgänglich ist. Dabei dürfte sie allerdings weniger eine nachhaltige Zukunftsplanung, sondern eher die anstehende Wahl im Auge haben.

Deutsche würden gern in Stromnetzausbau investieren

Im Hinblick auf die Altersvorsorge und die steigenden Energiekosten, denken immer mehr Deutsche über Investitionen in die Strombranche nach. Eine vom Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) durchgeführte Umfrage ergab, dass 49 Prozent der Bundesbürger glauben, dass eine Geldanlage in den Netzausbau eine gute Investition für die Altersvorsorge wäre. Diese Möglichkeit könnte bald zur Verfügung stehen. Die Umfrage des DIA wurde von mehreren Banken und Versicherungen in Auftrag gegeben die eruieren wollen, ob die Bereitschaft zu diesbezüglichen Investments ausreichend ist, so das sich die Einrichtung entsprechender Fonds lohnt. Aktuell besteht gerade im Stromnetzausbau ein großer Finanzbedarf. Deshalb hat Bundesumweltminister Peter Altmaier im September vergangenen Jahres empfohlen, die Bürger durch Anlagen an den Kosten und den erwarteten Gewinnen des Stromnetzausbaus zu beteiligen. Bei Anlagen ab 500 Euro, könnten auch weniger gut verdienende Menschen von der Wertschöpfung der Energiewende profitieren. Wie die Umfrage zeigt, sehen die Befragten das ähnlich positiv.

Stromversorger rechnen mit weiteren Preiserhöhungen

Wie der Chef des Stromnetzbetreibers „Tennet“, Martin Fuchs, in einem Interview mit der „Bild“ erklärte, rechnet er fest mit einer weiteren Preissteigerung für Strom. Die Preise werden durch die Investitionen in den Stromnetzausbau in die Höhe getrieben, der notwendig ist, um die Stromversorgung den veränderten Erzeugermodalitäten anzupassen. Vor allem die fehlende Verbindung der Stromnetze in Nord- und Süddeutschland müssten schnell – für eine bessere Auslastung der in der Nordsee installierten Offshore-Windparks – ausgebaut werden. Wie schnell dies geschieht, wird nach Meinung des Tennet-Chefs, „das Tempo der Energiewende bestimmen“. Auch die Ökostrom-Umlage, die inzwischen von 3,5 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde angehoben wurde, ist ein entscheidender Preistreiber. Durch die unzureichende Stromnetzqualität kommt es einerseits zu zeitweisen Engpässen bei der Stromversorgung, so dass teilweise Strom hinzu gekauft werden muss, was die Preise steigen lässt, während es beispielsweise Nachts zu einem Überangebot kommt, dass dann billig ins Ausland verkauft wird. Was hier fehlt sind nicht nur Verteilernetze, sondern auch ausreichende Möglichkeiten der Energiespeicherung. Das Unternehmen „Tennet“ besitzt circa 10.700 Kilometer an Stromleitungen und versorgt damit über 20 Millionen Menschen mit Strom.

Drei Viertel der Deutschen sehen Energiewende positiv

Vierzig Prozent gaben in einer Umfrage der Dekra an, dass sie aufgrund der gestiegenen Energiekosten nicht mehr die ganze Wohnung, sondern nur noch die jeweils genutzten Räume heizen. Außerdem glaubt ein Großteil der Befragten, dass ein Stromanbieterwechsel eine spürbare Kostensenkung mit sich bringt. Rund 86 Prozent der Verbraucher achten inzwischen stärker auf ihren Stromverbrauch. Die Schuld für die massiven Preiserhöhungen geben die Deutschen (80 Prozent) hauptsächlich den Energiekonzernen. Die geplante Energiewende sehen rund 63 Prozent als einen weiteren Grund für die Preiserhöhungen an. Trotzdem stehen drei Viertel der Verbraucher der Energiewende positiv gegenüber. Die Notwendigkeit zur Senkung des Verbrauchs fossiler Energien und das Ende der Atomenergienutzung, erfährt mittlerweile in der deutschen Bevölkerung breite Akzeptanz. 42 Prozent gaben außerdem selbstkritisch zu, dass sie an den hohen Energiekosten mit schuldig sind, da noch immer zu verschwenderisch damit umgegangen wird. Bundesumweltminister Peter Altmaier erklärte in einem Interview mit dem ARD-Morgenmagazin, dass neben der Förderung erneuerbarer Energien auch der schleppende Ausbau des Stromnetzes und nicht zuletzt die vielen Sonderrechte für die Industrie die Preissteigerung voran treiben. Dafür seien, so Altmaier, neue „nationale Regelungen“ notwendig.

Neue Hochspannungsleitungen verursachen weiterhin Ärger

Die Energiewende ist beschlossene Sache. Für eine bessere und sichere Verteilung des dezentralisierten Ökostroms benötigt Deutschland auch ein qualitativ besseres Stromnetz und vor allem mehr Stromleitungen. Mit diesen soll beispielsweise der in Offshore-Windkraftanlagen generierte Strom vom Norden in den Süden Deutschlands transportiert werden – und das mit möglichst geringen Verlusten. Obwohl unter der Erde verlaufende Stromleitungen geringere Energieverluste und weniger Umweltschäden nach sich ziehen, setzen die meisten Strombetreiber aus Kostengründen auf Hochspannungsleitungen. Das führt jedoch verstärkt zu Konflikten mit den Bewohnern der betroffenen Gebiete. So kämpft derzeit die Gemeinde von Meerbusch-Osterath gegen den dort geplanten Bau eines großen Strom-Konverters. Dieser dient als Zwischenstopp für den Strom aus Offshore-Windparks für Nordrhein-Westfalen. Die Bewohner des Ortes fürchten die damit verbundene Strahlung und Umweltbelastung. Ihre Häuser werden deshalb massiv an Wert verlieren, so dass für die meisten von ihnen auch ein Umzug unmöglich wird. Alternativen, wie die Flächen stillgelegter Kohlekraftwerke, wären vorhanden. Während die Entscheidung für den Bau für die Anwohner existentiell ist, bedeutet eine eventuelle Änderung der Strecke für die beteiligten Stromkonzerne, wie in diesem Fall RWE, finanzielle Einbußen, die sie -freiwillig- nicht bereit sind zu akzeptieren. Es wird also Aufgabe der Politik sein zu entscheiden, inwieweit die Energiewende auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen werden darf, wenn der Grund dafür nicht Notwendigkeit, sondern Profitoptimierung ist.