Strom zum Börsenpreis? Warum ich meinen Festpreis-Vertrag gekillt habe (und wann ihr es NICHT tun solltet)

12. Dezember 2025 | Energie-Ratgeber

Leute, haltet euch fest. Heute wird es ein bisschen wild. Wir reden über das Ende der gemütlichen „Ich zahle jeden Monat das Gleiche“-Mentalität. Wir reden über Dynamische Stromtarife.

Vielleicht habt ihr die Werbung von Tibber oder Rabot Charge schon gesehen: „Strom zum Einkaufspreis“. Klingt erstmal wie ein Marketing-Gag, oder? Ich dachte auch erst: „Ja klar, und wenn Putin wieder am Gashahn dreht oder in Frankreich ein AKW hustet, bin ich pleite.“
Aber wie ihr mich kennt, hat mir das keine Ruhe gelassen. Ich wollte wissen, ob man wirklich sparen kann, wenn man seinen Strom dann verbraucht, wenn der Wind weht und die Sonne knallt. Also habe ich das Experiment gewagt. Hier ist mein Bericht aus der Zukunft des Strommarktes.

Was zur Hölle ist ein dynamischer Tarif?

Ganz kurz für die, die nur Bahnhof verstehen:

Bei einem normalen Stromanbieter (Stadtwerke, Vattenfall, Eprimo etc.) zahlt ihr einen Festpreis. Sagen wir 35 Cent pro kWh. Egal ob ihr nachts um 3 wascht oder abends um 19 Uhr, wenn alle kochen. Der Anbieter kauft Strom auf Vorrat und mischt einen Durchschnittspreis. Ihr zahlt für Sicherheit. Bei einem dynamischen Tarif wird dieser Puffer weggelassen. Der Anbieter reicht den aktuellen Börsenpreis (EPEX Spot) direkt an euch durch. Plus Steuern und Netzentgelte natürlich.

Das heißt:

  • Weht viel Wind in der Nordsee? Preis sinkt (manchmal auf 15 Cent oder sogar ins Negative!).
  • Ist es windstill, dunkel und alle schauen Fernsehen? Preis steigt (gerne mal auf 40-50 Cent).

Der Preis ändert sich stündlich.

Hürde Nummer 1: Die Technik (Das leidige Smart Meter Thema)

Das war mein größtes Problem. Damit der Anbieter weiß, wann ich Strom verbrauche, braucht er eigentlich einen Smart Meter (Intelligentes Messsystem). Die Bundesregierung will die Dinger ja bis 2032 überall haben, aber sind wir ehrlich: In Deutschland mahlen die Mühlen langsam. Mein Messstellenbetreiber hat mich nur müde angelächelt, als ich einen wollte.

Aber es gibt einen Trick:
Ich bin zu Tibber gegangen (nein, ich kriege kein Geld von denen für diesen Satz, leider). Die bieten so ein kleines Gerät an, den „Pulse“. Den pappt man einfach auf seinen modernen digitalen Stromzähler (diese weißen Kästen). Der liest dann über die Infrarot-Schnittstelle die Daten aus und funkt sie an die App.

Installation dauerte 10 Minuten. Zack, Smart Meter „light“. Wenn ihr noch so einen uralten schwarzen Drehscheiben-Zähler habt, seid ihr hier leider raus. Dann müsst ihr warten, bis der Netzbetreiber euch upgraded.

Mein Leben mit der „Strom-Uhr“

Seit ich den Tarif habe, hat sich mein Verhalten komplett geändert. Und ich weiß noch nicht, ob das gut oder schlecht ist. Ich habe die App auf dem Handy. Die zeigt mir heute schon an, was der Strom morgen kostet.

Es ist irgendwie gamifiziert.

  • Szenario 1: Sonntagmittag. Orkan über Deutschland, Sonne scheint. Der Strompreis an der Börse ist negativ. Mit Steuern zahle ich effektiv vielleicht 14 Cent/kWh.Was mache ich? Ich schalte ALLES an. Waschmaschine, Spülmaschine, Trockner. Ich lade mein Handy, den Laptop, die Powerbanks. Ich fühle mich wie ein König.
  • Szenario 2: Dienstagabend, 18 Uhr. Dunkelflaute. Der Preis schießt auf 48 Cent hoch.Was mache ich? Ich sitze gefühlt im Dunkeln und traue mich nicht, den Wasserkocher anzumachen. Okay, übertrieben. Aber ich verschiebe das Kochen tatsächlich manchmal auf später oder erledige die Wäsche halt nicht abends.

Man wird zum „Strom-Jäger“. Meine Freundin war am Anfang genervt („Alex, kann ich jetzt föhnen oder kostet das 5 Euro?“), aber mittlerweile guckt sie selbst in die App.

Für wen lohnt sich das? (Und für wen ist es gefährlich?)

Das ist der wichtigste Punkt dieses Artikels. Lasst euch nicht blenden von Screenshots mit „0 Cent Stromkosten“. Das sind Ausnahmen.

Ein dynamischer Tarif ist genial für dich, wenn:

  1. Du ein E-Auto hast: Das ist der Gamechanger. Das Auto nachts automatisch laden lassen, wenn der Strom 18 Cent kostet statt 35 Cent. Da sparst du hunderte Euro im Jahr.
  2. Du flexible Verbraucher hast: Wärmepumpe oder eben E-Auto.
  3. Du „Spieltrieb“ hast: Wenn du Bock hast, deinen Verbrauch anzupassen.

Lass bloß die Finger davon, wenn:

  1. Du nicht flexibel bist: Wenn du jeden Tag um 18 Uhr kochen, waschen und baden MUSST, weil die Kinder ins Bett müssen. Dann triffst du immer die teuerste Phase des Tages.
  2. Du Angst vor Schwankungen hast: Im Winter kann der Preis auch mal zwei Wochen lang hoch sein. Da darfst du nicht nervös werden. Im Jahresschnitt gleicht sich das meistens aus (ich liege aktuell bei einem Schnitt von 26 Cent/kWh – deutlich unter dem Festpreis!), aber man muss die Nerven behalten.

Die Zukunft ist jetzt, aber sie nervt manchmal

Ich werde erstmal nicht zum Festpreis zurückwechseln. Die Transparenz ist geil. Ich sehe genau, was ich verbrauche und was es kostet. Und die Tage, wo der Strom spottbillig ist, machen einfach Spaß. Aber es ist auch Arbeit. Man muss sich kümmern. Wer „Fire and Forget“ will, ist beim klassischen Tarif besser aufgehoben.
Wie sieht’s bei euch aus? Habt ihr schon einen Smart Meter? Oder traut ihr euch an die Börsenpreise noch nicht ran? Ich bin super gespannt auf eure Meinungen, besonders von den E-Auto-Fahrern unter euch!